Concerto-Auftakt fasziniert mit Können und Gefühl

16.11.2022

Die erst 14-jährige Anna Meipariani und der Pianist Boris Feiner spannen bei ihrem Konzert im Uhlandbau einen breiten musikalischen Bogen. (Mühlacker Tagblatt)

Die junge Cellistin Anna Meipariani und Pianist Boris Feiner werden für ihre Darbietungen vom Publikum im Uhlandbau begeistert gefeiert. Foto: Filitz 
Die junge Cellistin Anna Meipariani und Pianist Boris Feiner werden für ihre Darbietungen vom Publikum im Uhlandbau begeistert gefeiert. Foto: Filitz

Mühlacker. Der „Musikalische Sommer“ in der Lienzinger Frauenkirche ist noch unvergessen, und das gilt vor allem auch für das Eröffnungskonzert mit der jungen Cellistin Anna Meipariani. Jetzt hat die neue Saison von „MühlackerConcerto“ begonnen. Fünf Konzerte werden von November bis zum Mai 2023 unter Federführung von Peter Wallinger im Uhlandbau angeboten, und zum Auftakt gab es ein Wiedersehen mit Anna Meipariani, die am Donnerstag 15 Jahre jung wird.

Als Vierjährige begann sie mit dem Cellospiel, das bislang ihr Lebensinhalt ist, überdenkt man die unzähligen hochkarätigen Auszeichnungen und Ehrungen, die sie sich in den vergangenen Jahren auf internationalen Bühnen weltweit erspielt hat. Welche Höhen sie inzwischen erklommen hat, machte sie umgehend mit ihrem ersten Vortrag deutlich. Johann Sebastian Bachs Suite Nummer 1 G-Dur hatte sie ausgewählt, die wohl bekannteste der sechs Suiten und eines der Meisterwerke klassischer Celloliteratur. Lange galt das Werk wegen der hohen Anforderungen als unspielbar.

Die Bühne teilte sich Meipariani mit dem Pianisten Boris Feiner, geboren 1981 in Kiew. Als Siebenjähriger begann er ein Studium für Hochbegabte an der Musikhochschule Kiew, schaffte Bachelor und Masterabschluss unter anderem auch für Komposition und Dirigat mit Dissertation und Summa cum Laude. Ein künstlerisches und solistisches Aufbaustudium schloss er an der Musikhochschule in Karlsruhe mit Auszeichnung ab. Seither ist er international ein gefragter Pianist, Kammermusiker und Konzertorganist, der einen Streifzug durch anspruchsvolle Klavierliteratur unterschiedlichster Genres bot – von Schubert über Mendelssohn Bartholdy bis zum spanischen Komponisten Enrique Granados. Auch mit einer der schillernsten Figuren der Musikgeschichte, mit dem russischen Komponisten und Pianisten Alexander Skrjabin (1872 bis 1915), der als einer der Wegbereiter der Moderne gilt, setzte sich Feiner auseinander.

Publikum fordert eine Zugabe und wird nicht enttäuscht.

Das Cello war nicht vergessen, und nach der Pause wirkte Anna Meipariani beruhigend mit singendem Streicherklang beim Vortrag von Mieczyslaw Weinbergs (1919 bis 1996) Sonate Nummer 1 für Violoncello solo. Der jüdische-polnische Komponist, der Flucht, Tod der Angehörigen und viel Elend erleiden musste und lange Jahre bis zu seinem Tod in Moskau lebte, entwickelte einen sehr persönlichen Stil. Sein leidgeprüftes Erleben mit traurigen und klagenden Klangfolgen ließ er in seine Kompositionen einfließen, die Anna Meipariani mit tiefer Hingabe ausdrucksstark gestaltete.

Mit dem anschließenden Dolcissimo aus dem „Gramata Cellam“ des lettischen Komponisten Peteris Vasks gab sie einen Einblick in ihre nahezu vollendete Beherrschung ihres Instruments.

Der romantische Dichter Heinrich Heine (1797 bis 1856) stand Pate für Mendelsohn Bartholdys Vertonung seines Gedichtes „Auf den Flügeln des Gesangs“. Nomen est omen könnte man sagen, als Cellistin und Pianist gemeinsam dem Publikum klangvoll nahebrachten, sich doch auf zarten Flügeln davontragen zu lassen, in selige Träume zu fallen, sich an blühenden duftenden Gärten und plätschernden Bächen zu erfreuen, so wie es berauschend Violoncello und Piano mit klingender Transparenz vortrugen. Ein Schlusspunkt sollte dies sein.

Doch das Duo wurde bejubelt und mit Beifall überschüttet für diesen abwechslungsreichen Konzertabend, an dem Werke aus Barock, der Romantik und Moderne erklangen. Erst mit einer Zugabe – „Vocalise“ von Sergeij Rachmaninow – endete ein wahrhaft zauberhafter Konzertabend.

(Mühlacker Tagblatt vom 09.11.2022, Text u. Bild: Eva Filitz)