Zwei Ausnahmetalente begeistern beim “Musikalischen Sommer“

11.07.2023

Das gab’s in der Lienzinger Frauenkirche schon lange nicht mehr: Spontane Standing Ovations aller Besucher und Bravorufe für eine überaus gelungene Darbietung zweier höchsttalentierter, junger Musiker.

Yungi Kaneko · Violine  und  Anna Meipariani · Violoncello  
Yungi Kaneko · Violine und Anna Meipariani · Violoncello

Weit über hundert Besucher haben sich am Sonntagvormittag im angenehm kühlen Innern des Kirchenraumes eingefunden, während draußen die Temperaturen sich auf über 30 Grad hochschraubten.

Zu Gast waren die 15-jährige Cellistin Anna Meipariani, die mit ihrer außergewöhnlichen Musikalität und natürlichen Spielfreude bereits in der zurückliegenden Saison ihr Publikum sowohl in der Frauenkirche als auch im Uhlandbau begeisterte und der 17-jährige Geiger Yungi Kaneko, der für die kurzfristig ausgefallene Geigerin Marie Helling eingesprungen ist.
Beide entstammen der Stuttgarter Musikschule, und beide sind noch während ihrer Schulzeit als Jungstudenten an den Musikhochschulen von Stuttgart und Karlsruhe eingetragen.

Im Mittelpunkt des Programmes standen zwei hochvirtuose Solowerke, die größte Bewunderung bei den Hörern auslösten:
Zunächst die viersätzige Suite op. 76 für Violoncello solo des in St. Petersburg geborenen Alexander Tcherepnin, die von Anna Meipariani mit leidenschaftlicher Hingabe regelrecht zelebriert wurde.
Dann die Ballade op. 27 Nr.3 für Violine solo des Grandseigneurs der belgischen Geigenschule, Eugène Ysaÿe. Den höchst anspruchsvollen Geigenpart mit etlichen Anklängen an Bachs Solosonaten meisterte Yungi Kaneko mit Bravour.

Nach erfrischenden Duo-Darbietungen im eher galanten Stil von Luigi Boccherini und Friedrich August Kummer erklang nach der Pause die großartige, gewichtige Sonate für Violine und Violoncello von Maurice Ravel aus dem Jahre 1920 – eine vielschichtige Hommage an den zwei Jahre zuvor verstorbenen Claude Debussy, die den beiden Musikern nicht nur technische Versiertheit, sondern enormen Feinsinn in der Ausgestaltung der vier unterschiedlichen Sätze abverlangte.
Danach in gleicher Besetzung eine Passacaglia des Norwegers Johan Halvorsen als freie Bearbeitung eines Themas von Georg Friedrich Händel – ein Bravourstück ersten Ranges, das als zündender „Rausschmeißer“ einen überwältigenden Schlussapplaus auslöste.

Nicht wenige der Zuhörer fragten sich erstaunt, wie es den beiden gelingen konnte, in der durch die Umbesetzung stark verkürzten Probenzeit ein so anspruchsvolles Programm auf ein derartig hohes Niveau zu bringen. Allein dieses Kunststück spricht für die außergewöhnliche Begabung der beiden jungen Ausnahmekünstler.

Peter Wallinger, 10.07.2023

Zu den Solisten:

Yungi Kaneko (geb. 2006) begann im Alter von viereinhalb Jahren mit dem Violinunterricht bei Ulrike Abdank an der Stuttgarter Musikschule.
Seit September 2018 ist er Jungstudent in der Klasse von Prof. Christian Ostertag an der Musikhochschule Karlsruhe und hat weiterhin Unterricht an der Stuttgarter Musikschule bei Simone Riniker Maier.
Ergänzend erhält er regelmäßig Unterricht bei Prof. Yair Kless und Prof. Sophia Jaffé.
Im Alter von 10 Jahren trat er zum ersten Mal als Solist mit dem Taurida International Symphony Orchester unter der Leitung des Chefdirigenten Mikhail Golikov auf.
Im Rahmen der Education-Projekte der Berliner Philharmoniker spielte Yungi als Mitglied des BE PHIL Orchesters im Mai 2018 in der Berliner Philharmonie unter der Leitung von Sir Simon Rattle. 

Seit dem erfolgreichen Vorspiel bei der Landessammlung Baden-Württemberg im
Januar 2022 spielt er auf einer Violine von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Jahr 1773.
Er ist mehrfach erster Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe wie u.a. beim International FLAME Competition in Paris und mehrfach in unterschiedlichen Kategorien beim Bundeswettbewerb „Jugend Musiziert“.


Anna Meipariani wurde am 10. November 2007 geboren und erhielt mit vier Jahren ihren ersten Cellounterricht.
Sie gewann nationale sowie internationale Preise: Sie erhielt unter anderem den 1. Preis mit der Höchstpunktzahl beim Bundeswettbewerb „Jugend Musiziert“ in der Kategorie Cello Solo, sowie in der Kammermusik. Beim Carl Bechstein Wettbewerb in Berlin wurde ihr ebenfalls ein 1. Preis zuerkannt. 

Auch gewann sie den 1. Preis beim internationalen Musikwettbewerb "Stars at Tenerife" in Spanien und den 1. Preis und einen Sonderpreis beim Gustav Mahler internationalen Cellowettbewerb in Prag. Beim 13. Internationalen „Antonio Janigro Cellowettbewerb“ in Kroatien hat Anna in ihrer Altersgruppe (bis 15 Jahre) einen 1. Preis gewonnen. Sie wurde zusätzlich Siegerin („Absolut Winner“) des gesamten Wettbewerbs. Außerdem erhielt sie sechs Sonderpreise – unter anderem einen Auftritt im nächsten Jahr mit dem Kammerorchester „Zagreb Soloists" in Zagreb und den „Global Music Partnership Award“, der mehrere Auftritte bei Musikfestivals in verschiedenen Ländern beinhaltet. 

Sie ist Stipendiatin der Deutschen Stiftung Musikleben und besuchte Meisterkurse bei den Professoren Jens Peter Maintz, Conradin Brotbek, Mathias Johansen und Eldar Saparayev.
Anna spielt ein Instrument von Giovanni Grancino "ex Piatti" (Mailand um 1700), eine Leihgabe der Landessammlung Streichinstrumente Baden-Württemberg.
Sie wird an der Stuttgarter Musikschule von Giga Khelaia unterrichtet.