Voller Kraft und Leidenschaft

11.09.2023

Ungewöhnliches Format für Lienzingen: eine Aufführung in Wort, Ton und Maskenspiel. Foto: Volker Henkel
Ungewöhnliches Format für Lienzingen: eine Aufführung in Wort, Ton und Maskenspiel. Foto: Volker Henkel

Zauberhafte Klänge:

Großes Konzertspektakel in Lienzinger Frauenkirche

„Commedia instrumentale“ beim Musikalischen Sommer

Lienzingen. Auf musikalischen Flügeln zauberten Schauspieler und Musikanten den Charme der Commedia dell’Arte in die sommerlich hell durchflutete Lienzinger Frauenkirche und formten die Maskeraden der venezianischen Theater-Erfindung zu einer „Commedia instrumentale“ um.

Es war ein Heidenspaß, den amüsanten italienischen Commedia dell’Arte-Darsteller Fabio Mangolini zu erleben, der sich unter verschiedenen originalen Bauta-Ledermasken zu absurden Gesten in Bewegung setzte, einfach tanzen musste und sich anfangs mit weißer Maske als Pagliaccio (Spötter) zu erkennen gab. Freilich fand er Anregungen durch die Musik, die in historischer Spielweise vom Ensemble der „LIENZINGENAkademie“ unter Leitung von Rebecca Raimondi und Simon Wallinger mit begeisternder Spielfreude vorgetragen wurde.

Zu den einschlägigen Tanzsätzen der „Ouverture burlesque“ (TWV 55:B8) von Georg Philipp Telemann stellte Schauspieler Johann-Michael Schneider rezitierend die Commedia-Figuren vor, Mangolini zeigte dazu in wunderlichen Sequenzen deren charakteristische Verhaltensweisen. Beispielsweise Telemanns „Columbine“, die er (maskenlos) als naiv süßes Mädchen darstellte. Zur Telemann-“Harlequinade“ zeigte sich ein buffonesk-lebenslustiger „Arlecchino“ in eingeschwärzter Gesichtsmaske, zu den Menuetten der reiche „Pantalone“ als lüsterne Möchtegern-Respektsperson.

Eingeleitet wurde das gut besuchte Konzertspektakel mit dem dissonant-schrägen Streicher-Gergrummel des zweiten Abschnitts aus Anton Webers Opus 5 – ein gelungener Überraschungs-Akzent. Nach der Telemann-Burleske folgte Carl Philipp Emanuel Bachs Triosonate c-Moll (Wq.161, Nr.4) als musikalischer Dialog zwischen einem aufbegehrenden „Sanguineus“ und dem betrübten „Melancholicus“.

Nach der Pause war Joseph Haydns „Cassation“ zu hören, eine heitere Instrumental-Komposition mit wunderschönen Flöten-Passagen. Zur Aufführung von Carl Philipp Emanuel Bachs Sinfonia h-Moll (H661, Wq 182) tauchten die Instrumentalisten maskiert aus verschiedenen Ecken der Kirche auf.

Mit fein ausgezogenen Linien, stimmungsmäßig aber sehr traurig, fiel die Wiedergabe der „Sinfonia à 6“ des Renaissance-Komponisten Cristofano Malvezzi aus. Um so fröhlicher musizierten Lorenzo Gabriele (Traversflöte), Rebecca Raimondi und Julietta Beauchamp (beide Barockviolinen), Florent Laplanche (Barockviola), Arthur Cambreling (Barockcello) und Simon Wallinger (Violone) zum Abschluss noch einmal die Telemann-“Harlequinade“. Der Beifall heftig und überaus herzlich.

(Pforzheimer Zeitung vom 11.09.2023, Text: Eckehard Uhlig, Foto: Volker Henkel)