Herbstlich dunkle Farben beim „Musikalischen Sommer“ – Lotus String Quartet in der Lienzinger Frauenkirche

23.09.2019

Spürbar ist die große Vertrautheit der vier Streicher bei Peter Wallingers Konzertreihe in Lienzingen. Foto: Fotomoment
Spürbar ist die große Vertrautheit der vier Streicher bei Peter Wallingers Konzertreihe in Lienzingen. Foto: Fotomoment

Mühlacker-Lienzingen. Zum Ausklang des diesjährigen „Musikalischen Sommers“ in Lienzingen hat das Lotus String Quartet mit unerhörter Intensität herbstlich-dunkle Stimmungen in Moll zelebriert.

Mit unruhigem Streicher-Geflirre eröffnete Franz Schuberts „Quartettsatz c-Moll“ (D 703) das Matinee-Konzert in der Frauenkirche. Schon hier wollte in dem leidenschaftlich bewegten Stück die Beklemmung nicht weichen, auch wenn schöne sangliche Abschnitte zwischen den wühlenden, sich windenden Takten Trostkraft spendeten.

Kein Ton bleibt ungestaltet

Wenn – wie nun schon seit Jahrzehnten – das Lotus String Quartet bei Peter Wallingers Konzertreihen musiziert, spürt man die große Vertrautheit der vier Streicher, die absolute Homogenität bei gleichzeitiger Individualität ihrer Stimmen. Kein Ton bleibt ungestaltet. Da wird gestaut und beschleunigt, da werden hauchfeine und kraftvolle Akzente gesetzt und zumal in herrlich reinen Unisono-Passagen orchestrale Klanggipfel entfaltet.

Das war besonders in der Wiedergabe von Felix Mendelssohns „Streichquartett f-Moll“ (op.80) zu erleben, das man auch als Requiem für seine geliebte, wenige Monate vor ihm verstorbene Schwester Fanny Hensel bezeichnet hat: Impulse und Ausbrüche, die beim Hören zusammen zucken ließen und für aufwühlende Emotionen sorgten.

Seine ganze Lebensgeschichte hat Bedrich Smetana in sein „Streichquartett e-Moll“ hineingepackt. Die Lienzinger Interpretation präsentierte im ersten Satz ein von der Bratsche (Ausführung Tomoko Yamasaki) herausgearbeitetes, mahnendes Ruf-Motiv. Dann tänzerisch-volkstümliche Passagen im zweiten, sinnliche Cello-Kantilenen (Chihiro Saito) und sehr zarte Geigenmelodien (Sachiko Kobayashi, 1. Violine; Mathias Neundorf, 2. Violine) im dritten Satz. Der dahin stürmende Finalsatz endete in einer Lebenskatastrophe, einem ausgehaltenen viergestrichenen E der 1. Violine über schaurigen Tremoli der anderen Streicher, bevor die Komposition in sich zusammensinkend klanglich verdämmerte.

Das vom Publikum gefeierte Quartett, die besten 16 Saiten des Musikalischen Sommers, spielte mit vollem Risiko und nachhaltiger Wirkung.

(Pforzheimer Zeitung vom 23.09.2019, Text: Eckehard Uhlig, Foto: Fotomoment)