Matinee-Konzert beim Lienzinger „Musikalischen Sommer“ widmet sich der Bach’schen Vater-Sohn-Beziehung

30.07.2019

Klangschmelze in der Frauenkirche mit Werken von Bach. Foto: fotomoment
Klangschmelze in der Frauenkirche mit Werken von Bach. Foto: fotomoment

Mühlacker-Lienzingen. Von Musikern und Musikfreunden hört man immer wieder den Satz: „Bach ist der Größte.“ Welcher Bach? Während Johann Sebastian, der heute als der „Große Bach“ gefeiert wird, nach seinem Tod fast vergessen wurde, galt in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sein dritter Sohn Carl Philipp Emanuel, der das Musikleben beim württembergischen Herzog Carl Eugen und beim preußischen König Friedrich II, vor allem aber in Hamburg maßgeblich bestimmte, als der bedeutendste Bach.

Seine Klaviermusik machte ihn berühmt. Das jüngste Matinee- Konzert beim Lienzinger Musikalischen Sommer widmete sich diesmal mit gewichtiger musikalischer Kost der Bach’schen Vater-Sohn-Beziehung, und stellte einen Carl Philipp Emanuel vor, der das väterliche Erbe hoch schätzte, aber seine eigene Musik „als Sprache der Empfindungen“ definierte und musikalische Fantasien mit kantabler Melodik auslebte. Die Mitglieder des Freiburger Ensembles „Klangschmelze“, die sich der Originalklang-Bewegung verschrieben haben, präsentierten sich als kongeniale Interpreten.

Die Fantasie fis-Moll (Wq 67) für Fortepiano (Hammerklavier), ein Stück, dem der Komponist selbst den Titel „Carl Philipp Emanuel Bachs Empfindungen“ gegeben und mit der Vortragsbezeichnung „sehr traurig und so langsam wie möglich“ versehen hat, wurde von Ricardo Magnus mit feiner Einfühlung wiedergegeben. Weit ausgespannte und geradezu romantisch anmutende Stimmungsmomente fanden sich unvermittelt von wirbelnden Klavierskalen abgelöst. Zarte, dunkel verhangene Melancholie grundierte auch die Adagio-Sätze der Quartette in D-Dur und G-Dur für Fortepiano, Flöte und Viola von C.P.E. Bach, wobei Leonard Schelb die Barockflöte und Swantje Hoffmann die Bratsche spielte.

Das zweite Zentrum des Konzerts bildete die Gegenüberstellung von Carl Philipp Emanuels Triosonate G-Dur für Traversflöte, Violine und Basso Continuo (Wq 150) und Johann Sebastian Bachs Triosonate aus dem „Musikalischen Opfer“ (BWV 1079). Schelb, Hoffmann und Magnus befleißigten sich einer klangschön-exemplarischen Wiedergabe. Erneut zeichneten elegische Grundstimmungen des C.P.E.-Alterswerks aus. Allerdings gab es im langsamen Mittelsatz auch dramatisch heftiges Aufbäumen und im Finalsatz aufgehellt fröhliche, rasante Passagen. Johann Sebastians Sonate, ebenfalls ein Alterswerk, zeichnete sich in der abgeklärten Interpretation durch nuancierte Ausdrucksvielfalt, feine Klangfacetten und kontrapunktisches Phrasieren der Motive aus.
Ein mit viel Beifall bedachtes, denkwürdiges Konzert-Ereignis.

(Pforzheimer Zeitung vom 30.07.2019, Text: Eckehard Uhlig, Foto: Fotomoment)