Virtuos und mit emotionaler Tiefe

15.06.2021

Katarzyna Mycka und Conrado Moya – gefeierte Künstler am Marimbaphon. Foto: Fotomoment
Katarzyna Mycka und Conrado Moya – gefeierte Künstler am Marimbaphon. Foto: Fotomoment

Mühlacker-Lienzingen. „Faszination Marimbaphon“ hieß das Lienzinger Programm, dargeboten von zwei herausragenden Musikern, die am vergangenen Sonntag den „Musikalischen Sommer“ 2021 in der Frauenkirche eröffneten. Katarzyna Mycka, Professorin an der Musikakademie ihrer Heimatstadt Gdansk (Danzig) und vielgefragten Solisten, geht der Ruf voraus, höchste Geläufigkeit, perfekte Anschlagtechnik und eine traumhaft rhythmische Präzision auf ihrer mit 60 schmalen Holzplatten und Resonanzrohren aus Metall bestückten Konzertmarimba zu beherrschen und bis zu sechs Töne gleichzeitig und hochvirtuos zum Klingen zu bringen. Sie gilt als Pionierin dieses Instrumentes, das es in dieser Form erst seit den 80er Jahren gibt.

Ihr Partner auf einem zweiten Marimbaphon war der Spanier Conrado Maya. Er studierte unter anderem in Berlin und bei Mycka während ihrer Tätigkeit in Stuttgart. Ihm werden außergewöhnliche musikalische Fähigkeiten zugeschrieben. Regelmäßig gastiert er in renommierten Konzertsälen in aller Welt. Die Zuhörer konnten also gewiss sein, musikalisches Können auf höchstem Niveau geboten zu bekommen. Die ursprüngliche Heimat der Marimba, so der alte Name, oder des Marimbaphons ist Afrika. In Guatemala ist es Nationalinstrument und in vielen lateinamerikanischen Ländern sowie in Brasilien und besonders in Japan sehr verbreitet. Schlägel, meist aus Holz, und unterschiedlich dick die runden Kugelköpfe umsponnen, bringen es zum Klingen.

Das Lienzinger Konzert begann mit einem Stück des zeitgenössischen französischen Komponisten Emmanuel Séjournée. Exotisch muteten zunächst die Klänge an, die die zwei Künstler mit den je zwei Schlägeln in beiden Händen mit einer verblüffenden Fertigkeit und Schnelligkeit zu treffen wussten. Den ersten Teil schlossen ein melodiöser Tango von Astor Piazolla und ein flotter Walzer von Nicholas Wirtz, geboren 1979, ab. Zartes Piano und vollvolumiges Forte – alles schien den beiden mit unbeirrbarer Leichtigkeit zu gelingen. Nicht nur die Schlägel schlugen bewegt auf, sondern auch den eigenen Körper ließ Mycka tänzerisch kokett mitschwingen.

Nach der Pause standen die „Goldberg-Variationen“ von Johann Sebastian Bach auf dem Programm. Das Werk gilt als eines der schwierigsten der Klavierliteratur, und nun sollte dieses Mammutwerk auf zwei Marimbaphonen erklingen. Zunächst unvorstellbar, dann wurde das Erstaunen im Zuhörerkreis ob der Fingerfertigkeiten beider Künstler immer größer. Grenzen schien es für sie nicht zu geben – Virtuosität par excellence.

Das Stück setzt mit einer Aria ein, der 30 Variationen folgen. Es ist gegliedert in zwei Teile zu je 16 Variationen, von den jede dritte ein Kanon ist, deren Ausdruckskraft jedes Mal an Stärke zunimmt. Ein Da capo, die Wiederholung der Aria, beendete das Konzert.

Den beiden Musikern war es herausragend gelungen, die Bach’schen Intentionen umzusetzen und mit emotionaler Tiefe und Sensibilität dem Publikum nahezubringen. Der Beifall wollte nicht enden, doch der innige Charakter der abschließenden Aria verbot von selbst eine Zugabe. Das Konzert war sofort nach Terminbekanntgabe ausgebucht. Auch bei der Wiederholung am Nachmittag blieben keine Plätze frei.

(Mühlacker Taglbatt vom 15.06.2021, Text Eva Filitz, Foto: Fotomoment)