Kammermusik auf höchstem Niveau

25.07.2018

Das Trio Ostertag überzeugt bei seinem Konzert in der Reihe „Musikalischer Sommer“ auf ganzer Linie. (Mühlacker Tagblatt)

Das Trio Ostertag mit dem Geiger Christian Ostertag, Katrin Melcher, Bratsche, und dem Cellisten Martin Ostertag. Foto: Filitz
Das Trio Ostertag mit dem Geiger Christian Ostertag, Katrin Melcher, Bratsche, und dem Cellisten Martin Ostertag. Foto: Filitz

Eine neue glänzende Perle ist den Konzerten des „Musikalischen Sommers“ hinzuzufügen. Am Sonntag gastierte das „Trio Ostertag“ in der Lienzinger Frauenkirche und beglückte die rund 100 Zuhörer mit einem Streicherklang, der keine Wünsche mehr offen ließ.

Mühlacker-Lienzingen. Christian Ostertag, Violine, trat bei zahlreichen bekannten Festivals auf und ist Erster Konzertmeister des Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg. Martin Ostertag, Violoncello, ist gefragter Solocellist, gibt internationale Meisterkurse und ist künstlerischer Leiter der Kaisersaal Konzerte Freiburg. Beide Ostertags sind Preisträger zahlreicher herausragender Wettbewerbe, sie musizierten und spielen mit renommierten Orchestern auf nationaler und internationaler Bühne. Und beide lehren als Professoren an der Musikhochschule Karlsruhe, Christian Ostertag seit 2017, Martin seit 1980. Beide sind Preisträger zahlreicher Wettbewerbe. Die Dritte im Bunde ist Katrin Melcher, Viola, sie kann ebenfalls auf eine fundierte Ausbildung bauen, war Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes, spielt im SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg und ist vielseitig als Kammermusikerin tätig.

Mit Schuberts Trio B-Dur D 471 erklang ein heiteres Allegro zur Eröffnung, und schon nach den ersten Takten konnte man sich träumerisch ganz der Musik überlassen. Anklänge an Mozart oder auch Haydn schimmerten durch, und man sagt dem Komponisten nach, dass er sich gerade von diesen Bindungen lösen, mehr Eigenständigkeit zeigen wollte und daher einen schon begonnenen zweiten Satz, ein Andante, nach 39 Takten nicht vollendete. Unvollendete Skizzen finden sich wohl häufig in Schuberts Nachlass. Auch seine bekannteste Sinfonie ist eine „Unvollendete“, und Musikforscher fragen sich, welch wertvolle Werke der Nachwelt da verloren gegangen sein mögen.

Von Ludwig van Beethoven erklang zunächst das Trio G-Dur, opus 9, Nummer 1. Hatte er sich bislang ebenfalls in diesem Genre an Mozarts eher unterhaltsames Vorbild angelehnt, so ging er nun neuartige Wege. Mit nur drei Instrumenten einen vollen Orchesterklang den gespannt lauschenden Zuhörern vorzuspielen, ruft Bewunderung hervor, und wenn die Intentionen des Komponisten so meisterlich umgesetzt werden, dann ist das Hörgenuss pur. Weite Melodienbögen im ersten Satz Andante, im Scherzo war höchste Virtuosität gefordert, das Presto war von atemberaubendem Tempo. Geige und Cello spielen sich thematische Bälle zu, die Bratsche muss beruhigend ausgleichen.

Mit der Serenade D-Dur, opus 8, stand ein zweites Beethoven-Trio auf dem Programm. Die sieben Sätze boten alles, was die Kammermusik an bewegendem Wohlklang zu bieten hat. Stimmungsbilder taten sich auf. Der Marsch zu Beginn lud ein, „mitzumarschieren“, sich zu öffnen für einen anheimelnden Klangzauber mit strahlender Violine, dominierend über Bratsche und Cello-Pizzicato. Markant beginnt das Menuett, während der nächste Satz, ein Mix aus Adagio und Scherzo, wie ein lieblicher Gesang erklingt, doch oft wiederholt lebhaft, fast ein bisschen boshaft, unterbrochen wird. Das „alla Polka“ scheint schon das Finale anzukündigen. Doch noch fügt der Komponist ein Andante mit einigen lyrischen Variationen ein, mit schmelzendem Streicherklang intoniert, ehe in Neuauflage sich der Anfangsmarsch wiederholt und die Musiker den Schlusspunkt setzen.

Im beigefügten Programmflyer ist zu lesen: „Die Trios sind eine besonders transparente und delikate Kammermusik für Streicher. Wobei der Teufel im Detail respektive in den Doppelgriffen von Geige und Viola steckt.“ Was hat Beethoven damit erreicht? Ihm sagt man nach, oft genug bis an die Grenzen des Machbaren zu gehen. Nur drei Instrumenten verlieh er mit diesem „Trick“ die Ausdruckskraft eines Orchesters. Man musste es gehört haben, wie die Frauenkirche bis in den letzten Winkel erfüllt war von lieblichen Melodien oder heftigen Stakkatotönen, von singender Violine oder auch grummelndem Cello und sanfter Viola.

Zwischen die Beethoven-Trios war raffiniert ein Sprung in die Moderne eingefügt und sorgte für Abwechslung und Spannung: Ein Intermezzo von Zoltan Kodaly, auch genannt der „Vater der ungarischen Moderne“. Reich an tonalen Höhepunkten, leicht und frisch musiziert, traf das Trio mit seiner Interpretation genau den ungarischen Volksliedcharakter, der für den Komponisten Anstoß für sein Werk war.

Die Konzertstunde gab einem Tag mit strahlend blauem Himmel die rechte Note. Mit nicht enden wollendem Beifall dankten die Zuhören für dieses Erlebnis.

(Mühlacker Tagblatt vom 25.07.2018. Text u. Foto: Eva Filitz)