Meister-Oboist Philippe Tondre und das Lotus String Quartet musizieren in Ötisheim

20.11.2017

Eröffnungskonzert der Reihe „Concerto“ in der Kelter Ötisheim. Foto: Fotomoment
Eröffnungskonzert der Reihe „Concerto“ in der Kelter Ötisheim. Foto: Fotomoment

Ötisheim. Einen solch hochkarätigen Meister-Oboisten hört man nicht alle Tage. Der 1989 in Mulhouse (Elsass) geborene Philippe Tondre gewann den 60. ARD-Musikwettbewerb in München, räumte zudem Sonderpreise und den Publikumspreis ab, trat bei Arte in der Fernsehreihe „Stars von morgen“ auf, wurde 2015 in Saarbrücken zum jüngsten Musikhochschulprofessor Deutschlands nominiert und gastierte bereits in aller Welt – um nun in der Historischen Kelter Ötisheim zusammen mit dem Lotus String Quartet in Peter Wallingers „Concerto“-Programm zu brillieren.

Kein Wunder, dass die Interpretation von Wolfgang Amadeus Mozarts Streichquintett g-Moll (KV 516) in einer Fassung für Oboe und Streichquartett zum musikalischen Ereignis wurde. Die sonst bei den Oboisten hauchig-näselnde Bläserstimme begeisterte mit unglaublich frischem und reinem Ton. Tondre modellierte jede Note charaktervoll auf besondere Weise, setzte punktgenaue Akzente, formte rasante Läufe klangprächtig auf schier endlos langem Atem, stattete Spitzentöne mit Leuchtkraft aus oder ließ dunkle Passagen schwebend verklingen. Vor allem aber fühlte er sich bruchlos in den Streicherklang ein.

Mit fein differenzierender Dynamik wurden die fünf Interpreten (Tondre sowie Sachiko Kobayashi und Mathias Neundorf, Violinen; Tomoko Yamasaki, Viola; Chihiro Saito, Violoncello) den emotionalen Spannungen, den Abgründen menschlichen Ausdrucks und der nachtdunklen Moll-Stimmung gerecht, mit der Mozart sein Quintett gestaltet hat. Die mehrfach repetierten Themen des einleitenden „Allegro“-Satzes entfalteten suggestive Kraft. Das – in ungewollter Konkurrenz zum Ötisheimer Kirchenglocken-Geläut – vorgetragene „Menuetto“ verstärkte den fatalistischen Grundcharakter. Im folgenden „Adagio“ sang die Oboe, herrlich und feierlich von den Streichern getragen. Schlussendlich befreite der Finalsatz mit einem rasant-tänzerischen Rondo die Musik von der zu den November-Trauertagen passenden Melancholie.

Die Wiedergabe zweier Streichquartette umrahmte den glanzvollen Bläserauftritt neben Joseph Haydns als Torso hinterlassene Komposition op.103, dann zum Konzertabschluss Felix Mendelssohn Bartholdys Streichquartett D-Dur op.44, Nr.1. In beiden Interpretationen zeichnete sich Lotus String als großartig eingespielter Klangkörper aus, der besonders das Mendelssohn-Stück in seiner klassischen Gegensätzlichkeit von kammermusikalischer Verve und verträumtem Instrumental-Gesang präsentierte. Den heftigen Applaus honorierten Oboist und Quartett mit einer heiteren Zugabe: einem verspielten Rondo von Johann Christian Bach.

(Pforzheimer Zeitung vom 20.11.2017, Text: Eckehard Uhlig, Foto:Fotomoment)