„Das ist natürlich etwas ganz anderes“

05.12.2020

Die in Schmie aufgewachsene Pianistin Magdalena Müllerperth über ihr Online-Konzert und die Lage im Kulturbereich. (Mühlacker Tagblatt)

Die Pianistin Magdalena Müllerperth,  Foto: privat
Die Pianistin Magdalena Müllerperth, Foto: privat

Mühlacker. Die Pianistin Magdalena Müllerperth hätte ein Heimspiel im besten Sinn vor sich gehabt. Dem Auftritt im Uhlandbau stehen allerdings die Corona-Regeln entgegen. Doch weder die in Schmie aufgewachsene Künstlerin noch Peter Wallinger und sein Orchester lassen sich ausbremsen. Das Konzert, das in der Reihe „Mühlacker Concerto“ stattgefunden hätte, wird nun in Bietigheim aufgezeichnet und am Sonntag online zu erleben sein. Wir haben im Vorfeld die Pianistin zu dieser besonderen Situation und ihrem Leben in Corona-Zeiten befragt.

Unter normalen Umständen hätten Sie vor sicher voll besetzten Reihen im Uhlandbau ein Konzert gegeben. Corona verhindert dieses Heimspiel, aber das Konzert wird als Video ins Netz gestellt. Wie ist es für Sie, vor Kamera statt vor Publikum zu spielen?

Das ist natürlich etwas ganz anderes. Ein Publikum atmet zusammen mit uns Musikern und reagiert unmittelbar auf die Musik, was uns direktes Feedback gibt, das uns auf der Bühne beeinflusst. Und das fällt nun komplett weg. Eine Konzertatmosphäre wird sicherlich nicht aufkommen, jedoch bin ich mir sicher, dass wir trotzdem Spaß haben können.

Die Kulturbranche leidet besonders. Wie sieht Ihr Leben seit Beginn der Pandemie aus?

Viel ruhiger als geplant. Seit März sind fast alle meine musikalischen Projekte abgesagt worden, was mir einen ungewohnt leeren Alltag beschert hat. Natürlich hat mir das die Möglichkeit gegeben, mich um Dinge zu kümmern, die sonst eher zu kurz kommen.

Welche Einschränkungen gibt es durch die Pandemie im Studium?

Das Studium an der Universität der Künste ist stark eingeschränkt worden. Es gibt keine Vorspiele und Konzerte mehr, man darf wenig üben und hat auch seltener Unterricht. Ich hoffe sehr, dass das nächste Semester wieder etwas normaler verlaufen kann.

Seit früher Jugend geben Sie Konzerte. Wie erleben Sie diesen Corona-bedingten Einschnitt?

Es fühlt sich unbehaglich an. Auf einen so großen Einschnitt war ich, wie die meisten meiner Kollegen, überhaupt nicht vorbereitet. Die Ausfälle haben uns alle ziemlich überrumpelt.
Im Frühjahr war die Stimmung noch optimistisch, und viele Veranstalter versuchten, ihr Angebot den Zeiten anzupassen. Nun merke ich aber zunehmend die Resignation vieler Leute im Kulturbetrieb, da sie einfach ausharren müssen, bis endlich wieder grünes Licht gegeben wird.

Inwiefern können Sie aktuell für 2021 planen?

Alle Planungen für das Jahr 2021 sind nur unter Vorbehalt. Genaueres wird sich hoffentlich nach Neujahr offenbaren. Das fühlt sich für mich äußerst ungewöhnlich an, da man Konzerte sonst zum Teil Jahre im Voraus plant.

Im Konzert mit Peter Wallinger spielen Sie Mozarts A-Dur-Klavierkonzert. Was reizt Sie besonders an dem Werk?

Es ist eines meiner liebsten Klavierkonzerte. Nicht nur ist es ein entzückendes Stück, ich verbinde mit diesem Stück auch einen Teil meiner Kindheit. Es ist das erste Klavierkonzert, das ich je gespielt habe. Damals war ich neun Jahre alt und sehr aufgeregt, ein so großes Werk zu spielen. Auch komponierte ich damals selbst die Kadenzen zum Konzert, und ich finde sie so goldig, dass ich sie auch jetzt spielen werde.

Sie haben vor der Aufzeichnung eine Reise von Berlin hierher zu absolvieren. Wie schützen Sie sich unterwegs?

Natürlich indem ich großen Abstand zu anderen halte, fleißig meine Hände desinfiziere und eine Maske trage.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn die Corona-Pandemie Geschichte sein wird?

Dass ich endlich wieder meine Freunde umarmen kann!

(Mühlacker Tagblatt vom 05.12.2020, Text: Carolin Becker, Foto: privat)

Das Konzert online erleben

Vorgesehen war das Konzert von „Mühlacker Concerto“ am 6. Dezember im Uhlandbau. „Wir haben uns für eine virtuelle Wiedergabe im Internet entschlossen – nicht zuletzt zur Aufrechterhaltung unseres bedrohten Orchester- und Kulturlebens über die Krise hinweg“, sagt Dirigent Peter Wallinger. „Wir werden das Mozart-Schubert-Programm am Samstag im Bietigheimer Kronenzentrum vor leeren Rängen aufzeichnen und am Sonntag gegen Abend ins Netz stellen – einschließlich einer Konzerteinführung und eines Interviews mit unserer Solistin.“ Die Aufzeichnung könne ab Sonntagabend über www.sueddeutsche-kammersinfonie.de oder www.muehlacker-klassik.de/muehlacker-concerto verfolgt werden. Es spielt die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim unter der Leitung von Peter Wallinger. Solistin ist Magdalena Müllerperth. Für Video, Ton und Produktion zeichnen Theresa Mammel, Thomas Schmidt und Rafael Wallinger verantwortlich. (pm)

Magdalena Müllerperth

Die 28-Jährige, die in Schmie aufwuchs, gilt als eines der faszinierendsten Talente ihrer Generation. Mit stets originell gestalteten Programmen beeindruckte sie bereits in jungen Jahren ihre Zuhörer sowohl in Deutschland als auch in ganz Europa und den USA. Das vielseitige Repertoire der 1992 geborenen Künstlerin erstreckt sich von der barocken bis zur zeitgenössischen Musik, wobei sie oft unbekannte und selten gespielte Werke in ihre Programme einbezieht.

Mit ihrem facettenreichen Spiel überzeugte sie sowohl in namhaften Konzertsälen wie der Elbphilharmonie Hamburg, dem Festspielhaus Baden-Baden und der Steinway Hall in New York als auch bei bekannten Festivals wie dem Schleswig-Holstein Musikfestival, dem Festival Mecklenburg-Vorpommern, dem Moritzburg Festival Dresden, dem Menuhin Festival Gstaad, dem Kissinger Sommer, dem Nymphenburger Sommer München oder den Ludwigsburger Schlossfestspielen. Als Solistin konzertiert die junge Pianistin mit renommierten Orchestern; so mit den Stuttgarter Philharmonikern, der Tschechischen Philharmonie, dem Minnesota Orchestra, dem Berner Symphonieorchester, der Staatsphilharmonie Braunschweig und der George Enescu Filarmonia Bukarest.

Magdalena Müllerperth ist Preisträgerin von mehr als 30 nationalen und internationalen Wettbewerben, unter anderem dem Kissinger Klavierolymp 2012, bei dem sie neben dem ersten Preis auch den Publikumspreis gewann, und dem ersten Preis bei den Nadja-Reisenberg-Awards New York 2014. Seit ihrem siebten Lebensjahr wurde sie von der Konzertpianistin und Pädagogin Professor Sontraud Speidel in Karlsruhe unterrichtet. 2007 ging sie in die USA, wo sie unter anderem in New York als Schülerin von Professor Jerome Rose ihren Bachelor of Music absolvierte. Seit 2014 studiert sie in der Klasse von Professor Klaus Hellwig an der Universität der Künste in Berlin und schloss diese mit dem Master of Music im Fach Künstlerische Ausbildung Klavier ab. Zurzeit absolviert sie den Master of Music im Fach Kammermusik und Liedbegleitung.

Magdalena Müllerperth ist Stipendiatin der Deutschen Stiftung Musikleben und der Kunststiftung Baden-Württemberg. Außerdem wurde sie zur Jugendmusikbotschafterin ihrer Heimatstadt Maulbronn ernannt. Seit der Saison 2016/17 ist sie zusätzlich Stipendiatin der Mozartgesellschaft Dortmund. Die Partnerschaft der Pianistin mit der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim begann im Mai 2006 mit Beethovens Klavierkonzert Nummer 2 und wurde im April 2008 mit Chopins Klavierkonzert Nummer 1, im März 2012 mit Schumanns Klavierkonzert a-moll, im März 2015 mit Mendelssohn Bartholdys Klavierkonzert Nummer 2 und im Dezember 2016 mit Beethovens Klavierkonzert Nummer 5 fortgesetzt. Mitschnitte aller Konzerte sind innerhalb der Dokumentationsreihe „Kammersinfonie live“ auf CD erschienen. (pm)