Wenn Bach und Händel Theater machen

06.04.2017

Wenn Bach und Händel Theater machen

Mühlacker. „Krach mit Bach“ war das Stück überschrieben, das im Uhlandbau mit einer hübschen Kulisse mit „Gemälden“ von drei berühmten Komponisten aufwartete: Telemann, Händel und Bach.
Finster war es zunächst auf der Bühne. Auf einmal rumpelte etwas. Aus dem mittleren Rahmen stieg Händel. Stöhnend, schimpfend ging er hinüber zum rechten Bild, stieß mit der Hand hinein, und auch da regte sich etwas. Bach, sein Zeitgenosse und, wie sich schnell zeigen sollte, Rivale auf dem Musikparkett zu ihrer Zeit, entstieg ebenfalls grollend dem Rahmen. Des Rätsels Lösung? Die Bilder hängen in einem Schlossmuseum, in dem es spukt. Und jeweils um Mitternacht werden für eine Stunde die Gemälde lebendig, und die Menschen darauf kehren in ihr Erdendasein zurück. Sofort gab es so richtig Zoff. Händel und Bach stritten ganz erbittert, wessen Musik denn nun die bessere sei, und sie waren sich auch nicht zu schade, sich teils mit recht gehässigen Bemerkungen zu attackieren und sich mit ihren Taktstöcken ein erbittertes Gefecht zu liefern. Als Zeugen mussten Fräulein Hannah an der Harfe, Fräulein Verena (Flöte) und Monsieur Frank (Fagott) musische Beweistücke jeweils mal für, mal gegen die Kontrahenten liefern. Stolz erzählte Händel von der Bootsfahrt auf der Themse, wo die Königlichen Hoheiten zum ersten Mal seine Wassermusik gehört hätten. „Und ich habe meine großen Werke in Köthen geschrieben“, konterte Bach. Dazu Händel bissig: „So klingen sie auch.“

Zunächst vergeblich bemühte sich Fräulein Constanze, die Museumsleiterin, darum, den Streit zu schlichten. Sie entpuppte sich als hervorragende Sopranistin und brachte es mit Geduld fertig, die Streithähne zu einen. Die Zuhörer bekamen Gelegenheit, mitzuentscheiden, wer denn nun der Beste sei. Am Ende klang es von der Bühne: „Wir machen jetzt alles gemeinsam, zusammen ist man nie einsam, dann gibt es auch nie wieder Streit.“ Auch diese Erkenntnis konnten, neben dem Einblick in das Werk von zwei der bedeutendsten deutschen Komponisten, die Kinder mit nach Hause nehmen.
„In einem Theater mit Musik waren wir noch nie“, erzählten vor Beginn Celine, Malin und Lena aus der Klasse 2 der Sternenfelser Schule. „Wir wollen mit dem Besuch hier den Kindern Musik nahebringen“, ergänzte Lehrerin Andrea Malzer. Fünf ihrer Schülerinnen spielen Flöte, ein Schüler hat Klavierunterricht.

Flötistin Verena Guthy-Homolka, Hannah Pfeiffer an der Harfe und Frank Lehmann von der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim intonierten transparent bekannte Stücke der beiden Streithähne, jeweils der „Stimmung“ angepasst. Ihnen zuzuhören, war ein Genuss. Auch die kleinen Zuhörer lauschten gespannt. Etwas fremdelten sie wohl mit den Liedern der Museumsdirektorin, alias Sopranistin Meike Leluschko. Da zeigten sich die Großen im Saal mehr angetan. Aber am Applaus ließen es auch die Kleinen nicht fehlen und äußerten lautstark ihre Begeisterung, wenn Bach und Händel sie um Rat fragten oder sie abstimmen sollten, wer denn nun der bessere Künstler von beiden sei.

Von der Pyrmonter Theater Companie schlüpften Jörg Schrade und Carl-Herbert Braun in die Rollen der Komponisten und ließen beider Museumsschlaf vergessen. Die Dritte in ihrem Bunde war Meike Leluschko.

Bereits seit über zehn Jahren organisiert Peter Wallinger, Dirigent der Kammersinfonie, die Zusammenarbeit mit ihnen und bietet „Klassik für Kinder“ als Musiktheater an. Die zweite Vorstellung gestern Vormittag besuchten Illinger Stromberg-Schüler, Kinder aus Ötisheim und von der Lomersheimer Blumhardt-Schule, zusammen wieder fast 300 an der Zahl. Beide Aufführungen waren ausverkauft.

(Mühlacker Tagblatt vom 7. April 2017, Text u. Foto: Eva Filitz)